Das ist eine meiner ersten Kurzgeschichten. Es ist eine Art Fantasy-Geschichte, aber lest selbst...
Die Nacht in der es erwachte war klar und kühl. Der Mond schien halb voll und ließ die Bäume weiche Schatten werfen. Aus einem Erdloch gekrochen sog es die würzige Luft des Waldes tief ein. Es kümmerte sich nicht um das Jahrhundert in dem es erwacht war, denn Zeit spielte für das Wesen keine Rolle. Einzig das Überleben war wichtig und dies war ihm sicher.
Die feinen Nuancen im Duft des Waldes waren ihm nicht entgangen, es roch nach seiner liebsten Mahlzeit - frisches menschliches Fleisch. Der Durst nach nahrhaftem Blut ließ sein Maul wässrig werden und überaus flink wanderte der Schatten durch den Wald, immer verschmelzend mit der Dunkelheit die ihm die Bäume boten, bis er die Atemlaute seiner Beute vernahm.
Das Wesen wurde eins mit den Konturen eines Baumes und beobachtete wie der Mensch in seinen grauen Gewändern, geleitet nur vom fahlen Licht des Mondes, auf dem unbefestigten Weg durch den Wald stolperte und ab und zu einen Fluch ausstieß. Der Mensch war bewaffnet mit einem einfachen Kurzschwert und trug seine Habseligkeiten in einem Beutel über der Schulter. Er bemerkte nicht, wie ihn ein schemenhaftes Wesen lautlos einholte und in den letzten Atemzügen seines Lebens spürte er nur noch das Herabrinnen von warmen Blut an seinem Hals. Seine Besitztümer wurden am folgenden Tag blutbesudelt am Wegesrand gefunden, doch der Leichnam blieb auf ewig unentdeckt.
Das Wesen kehrte bald darauf zu seinem Unterschlupf zurück und fiel in eine totenähnliche Starre, die sich auflösen würde, sobald das Blut in seinen Adern zu Staub zu zerfallen drohte.
So vergingen viele Sommer und Winter und abermals hatte sich das Antlitz der Welt verändert als der Schein des Mondes die scharfen Augen zum Aufglühen brachte. Von der Burg in der Nähe seiner Höhle waren nurmehr Ruinen übrig und die Nacht war heller als das Licht des Mondes sie hätte erleuchten können. Die Umgebung war nicht in Grabesstille getaucht wie es immer gewesen war wenn seine Zeit gekommen war. Doch das Wesen ließ sich nicht vom Wandel der Zeit beeindrucken, denn sein untrüglicher Instinkt sorgte für sein Überleben.
Nicht weit entfernt von der Stätte seiner letzten Mahlzeit nahm es kaum hörbare Schritte wahr und folgte der Witterung bis es den Menschen sehen konnte. Es war ein weiblicher Mensch von zierlicher Gestalt mit langen dunklen Haaren und gehüllt in schwarzem Seidengewändern. Das Wesen folgte seinen scharfen Sinnen und war nur noch Zentimeter von der makellosen Haut entfernt als sich die junge Frau blitzschnell umdrehte und ihm einen langen Dolch in den Brustkorb stieß.
Ein kehliges Knurren entwich der erstaunten Kreatur. Es wollte sich von der Waffe losreißen, doch die scharfkantigen Zacken des Langdolches waren wie Widerhaken in seinem Fleisch verankert und schienen sich immer tiefer hineinzubrennen. Keuchend und mit funkelnden Augen stand es ihr gegenüber, beobachtete jede noch so kleine Regung der unscheinbaren Frau, die ihre Hand langsam vom Dolch löste und ihn in dem vor Schmerz wütenden Wesen stecken ließ.
Eine dunkle Stimme schlich sich in seinen Kopf und wie aus einem Nebel formten sich undeutliche Worte, die sich scharf wispernd zu abgehackten Sätzen verwandelten. "Ich habe... dich gefunden... durch all die Zeit... Du dachtest du... könntest dich vor mir... verstecken, doch du irrtest! Deine Tage sind... gezählt." Die Kreatur begann sich vor Schmerz zu winden und sackte auf den Boden. Kochendes Blut tropfte auf den kühlen Waldboden und verdampfte augenblicklich. Haut und Haare begannen sich abzulösen und zerfielen im aufkommenden Wind zu Asche noch bevor sie den Boden berührten. In der Ferne war Donnergrollen zu hören und vereinzelt zuckten sichelförmige Blitze über den Himmel. Mit seinen letzten Kräften hob das Wesen den Kopf und stieß kehlige Worte durch das mit Schaum benetzte Maul. "Du bestrafst deine mächtigste Kreatur... lässt mich sterben... für deine Unfähigkeit... und meine Unachtsamkeit... G-Glaube nicht, dass mein Tod... dich vor mir... retten wird... Wir hätten... uns verbünden... k-können... doch duuu..." Die Blutgefäße platzten und der letzte Atem wich aus ihm bevor es endgültig zusammenbrach. Noch eine kurze Weile stand die Frau an seiner Seite und blickte auf das leblose Wesen herab, zog ihren Dolch aus ihm heraus und murmelte einige beschwörende Worte. Dann drehte sie sich um und verschwand wie ein Dunst im Wald.
Grelles Licht füllte die Augen der Kreatur und die Erde in seinem Maul schmeckte faulig. Ein mächtiger Sturm war heraufgezogen und der Regen hatte den Waldboden über das Wesen gespült so dass es beinahe vollständig mit Erde und Blättern bedeckt war. Sein Schädel pochte dumpf, doch es verspürte keinen Schmerz mehr von den Qualen der vergangenen Nacht.
Es schlug die Augen auf und atmete scharf ein - die Jagd hatte begonnen…
(c) Ríeth 04
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Tipp: Aussehen usw. nachträglich ändern ohne Attributsverlust? -> Lösung
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