Mich überkam heute wieder mal die Schreibwütigkeit, also habe ich den Anfang zu einer Geschichte geschrieben, aber nicht um einen Innovationspreis zu bekommen. Ein paar Hinweise vorweg: Die Taka-Myr sind eine Art Magierelite, die sich durch besondere Fähigkeiten auszeichnet die ihnen im Kamof gegen Dämonen verschiedenster Arten helfen.Trimatu ist maarisch und bedeutet wörtlich überestzt: Drei-Geister. Ein Trimatu ist ein Lebewesen, das von drei Seelen beheimatet ist. Näher brauche ich wohl nicht mehr darauf einzugehen.
Es war kein guter Tag zum Reisen. Der Wind toste über die weiten Ebenen von Thyruhn und ließ das Steppengras wie wogende Wellen umher schlagen. Die Luft war feucht vom ständigen Nieselregen und der Himmel wurde von einer schweren, grauen Wolkendecke verdeckt. An diesem Tag bekam ich einen Auftrag von einem alten Taka-Myr-Meister. Ich sollte die Ruinen eines Tahitenturms aufsuchen und irgendeinen Plan suchen.
„Du wirst schon sehen, was ich brauche. Und dann bring es so schnell wie möglich zu mir.“
So sprachen die Taka-Myr immer. Sie gaben nicht zu viele Informationen preis, damit ihre Leute den Dämonen bei eventueller Folter nicht zu viel verrieten. Der Turm erhob sich schon bald schwarz und bedrohlich vom Flachland. Er stand auf einem kleinen, grasbewachsenen Hügel. Das Dach war zur Hälfte eingebrochen. Trotz Gegenwind kam ich gut voran. Innerhalb weniger Minuten stand ich in den Überresten des Turms und fragte mich, was mein Meister wohl von hier haben wollte. Doch sonst schien es hier nichts als eingebrochenen Schutt und Steine zu geben. Ein kleiner Hebel ragte aus dem noch unbeschädigten Mauerstück ,doch als ich meine Augen schloss und mich auf die Welt um mich herum konzentrierte, spürte ich einen schwachen, aber stetigen Fluss von mentalen Energien direkt unter mir. Ich wollte näher darauf eingehen, als ein markerschütterndes Kreischen die Luft durchschnitt. Ich fuhr herum und sah drei riesige Skoorvögel, die ihre mächtigen schwarzen Schwingen zusammenfalteten und durch den grauen Himmel im Sturzflug auf mich zurasten. Mit einer Hand fror ich das Wasser in der Luft zu fünf spitzen Eiszapfen, die ich gegen den ersten Skoor schleuderte. Nach drei Treffern stürzte er kreiselnd in die Tiefe. Mit der anderen Hand zog ich ein silbernes Kurzschwert, das mit Runen und Ornamenten verziert war. Als die übrige Dämonenbrut nahe genug an mir heran war, warf ich mich zu Boden und spürte einen heftigen Windstoß, als sie knapp über mich hinweg sausten. So schnell ich konnte drehte ich mich um und schlug mit dem Kurzschwert nach einem der Vögel. Ich traf, und giftiges Skoorblut färbte meine Klinge tiefschwarz. Die letzte Kreatur drehte bei und versuchte zu fliehen, um Unterstützung zu holen. Wenig später traf sie jedoch mein Flammenpfeil, und in einem flackernden Feuerball stürzte sie in die endlosen Ebenen von Thyruhn.
Nach dieser Begegnung war mir klar, das die Dämonen nach ein und demselben Gegenstand wie ich suchen mussten. Ein Plan, hatte der Taka-Myr-Meister angedeutet. Eine Aufzeichnung der Tahiten. Die Tahiten bauten unter ihren Festungen oft lange Höhlensysteme, um bei einer feindlichen Übernahme noch einen Zufluchtsort zu haben. Vielleicht hatte dieser Turm einen ähnlichen Zugang. Ich konzentrierte mich wieder auf das Nichts und die Welt um mich herum und ertastete wieder einen schwachen, aber stetigen Strom an magischer Energie. Bald sah ich eine achteckige Schieferplatte, die von einigen Mauersteinen verdeckt war. Ich schob diese zur Seite und versuchte die Inschrift auf der Schieferplatte zu entziffern. Es gelang mir nicht, da die Steine die Oberfläche noch zusätzlich zerkratzt hatten. Also legte ich stattdessen den Hebel um, der nach jahrtausendlanger Witterung völlig eingerostet war. Mit einem fürchterlichen Quietschen gab er schließlich nach, und die Schieferplatte schob sich mit einem Rumpeln zur Seite und gab eine Treppe frei, die tiefer in eine Höhle führte. Die Hand am Griff meines Schwertes ging ich die Treppe hinunter.
Die Wände waren glatt behauen, und in regelmäßigen Abständen waren Fackeln angebracht, die mit blauem magischen Feuer lodernd den Weg vor mir erhellten. Bald war die Treppe zu Ende und der Gang verbreiterte sich, er endete in einer großen Schiefertür, die sich ohne Umstände öffnen ließ. Erstaunt trat ich in eine riesige Halle aus Fels und Gestein, die Decke von hohen Säulen gestützt. Von hohen Fenstern an der Wand fiel fahles Licht in die Halle und beleuchtete die Statuen, die vor den mächtigen Säulen standen. Es waren reglose, riesige steinerne Wächter die alle dieselben Rüstungen trugen. In der linken hielten sie einen runenverzierten, großen Schild, in der rechten ein langes Schwert. Als ich durch die Halle schritt und auf das mächtige Tor zusteuerte, schienen mich die Statuen mit ruhigem steinernem Blick anzustarren, sie schienen jeder Bewegung zu folgen. Ein großer Wächter mit langem Bart, einem schweren Tahitenhelm und einem silbern glänzenden Speer mit langem Schaft stand zwischen mir und dem Tor und starrte auf beunruhigende Weise direkt in meine Augen. Nach ein paar Schritten war ich ehrfurchtsvoll stehen geblieben und war wie gelähmt von dem durchdringenden Blick des Steinkriegers. Das Klappern meines Schwertes, das ich fallen gelassen hatte, ließ mich zusammenzucken und in die Realtität zurückkehren. Das hier waren ganz einfach beeindruckende Beispiele der Bildhauerkunst der Tahiten, nichts weiter. Ich wollte an dem Anführer der Wächter vorbeitreten, da erbebte plötzlich die Halle, und das Tor öffnete sich. Heraus zischten blitzende und flimmernde blaue Strahlen, die zielstrebig auf die Statuen zuhielten und direkt in sie hineinfuhren. Die Augen des Anführers begannen blau zu leuchten, er machte einige Schritte auf mich zu, den Speer auf mich gerichtet, während der Rest seiner Armee donnernd einen Halbkreis um mich bildete, als währen sie nicht aus Stein, sondern aus Fleisch und Blut. Am Ende waren vierzehn Schwerter, neunundzwanzig Augen und ein Speer auf mich gerichtet. Mit einer Stimme, die die Halle erbeben lies, fing der Anführer an zu sprechen:
„Die Tore sind geschlossen, denn Feinde haben uns von der Oberfläche vertrieben und nun müssen wir in der Enklave darauf warten, dass sie dem Zahn der Zeit erliegen. Besucher sind nicht erwünscht. Geht.“
Dies hier war schlimmer als die Taka-Myr-Prüfungen. Doch im Grunde war jeder Auftrag eine einzige Prüfung.
„Die Taka-Myr, alte Verbündete der Tahiten und Mitglieder des Trimatu – Rats, ersuchen eine Audienz beim Hauptmann dieses Außenpostens. Als offizielle Bündnispartner sind die Tahiten verpflichtet, die Forderungen der Taka-Myr zu erfüllen,“ erwiederte ich.
„Die Tahiten erklären sich bereit, ihre Verpflichtungen gegenüber ihrem Bündnispartner zu erfüllen, wenn dieser einen Beweis findet, der ihn eindeutig den Taka-Myr zuordnet und das Vertrauen rechtzufertigen,“ donnerte der Steinwächter.
Mit zitternden Händen nestelte ich das Amulett hervor, das ich nach der Prüfung bekommen hatte, eine kleine Silbersonne, die von einer Schlange eingefasst war, die sich selbst in den Schwanz biss. Ich hielt das Amulett in die Höhe und in das fahle Licht.
„Der Abgesandte der Taka-Myr hat einen Beweis gefunden, der ihn eindeutig den Taka-Myr zuordnet und das Vertrauen rechtfertigt. Damit ist er berechtigt, mit dem Turmhauptmann zu sprechen.“
Bevor ich merkte, das ich die ganze Zeit in einem Pentagramm gestanden hatte, leuchtete dieses schon rot auf, Funken tanzten um mich herum und binnen Sekunden war ich weg.
Als das grelle Leuchten und Funkeln nachgelassen hatte, konnte ich wieder halbwegs sehen. Ich befand mich in einem kreisrunden Raum und stand auf einem riesigen bunten Mosaik, das einen achtzackigen Stern darstellte der zu brennen schien. Die Wände waren mit einem endlos langen Runenschriftzug beschrieben, der vermutlich die magischen Energien auf das Mosaik lenken sollte. Die einzelnen Steinchen des Musters erleuchteten mit einem schwachen Glimmen den Raum. Ich streckte gerade meine Hand aus, um einen Hebel neben der Tür umzulegen, da wurde diese aus den Angeln gerissen und an die gegenüberliegende Wand geschleudert. Mit einem gewaltigen Sprung war ein seltsames Daemonenwesen in den Raum gesprungen. Es hatte vier Beine und zwei Schwänze, die aus seinem Nacken wuchsen und in spitzen Stacheln endeten. Der Körper des Wesens war mit schwarzen, großen Schuppen geschützt und mit einem markerschütternden Knurren sprang es auf mich zu, um mich mit den gewaltigen Fängen und den spitzen Zähnen zu zerfetzen. Ich wich gerade noch zur Seite und zog mein Schwert, doch bevor ich zum Schlag kam, zischte einer der Schwänze heran und schleuderte mich quer durch den Raum gegen die Wand. Noch während ich wieder zu mir kam, setzte das Wesen abermals zum Sprung an. Diesmal war ich schneller. Ich warf mein Schwert auf den Daemon und spaltete beinahe seinen Schädel. Die Bestie gab wieder einen knurrenden Schrei von sich, öffnete ihr Maul und spuckte in einem letzten Lebenshauch einen flackernden Feuerball. Mit einem Satz landete ich auf dem Kopf des Wesens, zog mein Schwert heraus und rannte so schnell ich konnte aus dem Raum. Die Druckwelle des Geschosses erfasste mich noch und schleuderte mich in einen langen Gang aus grauem, glatt behauhenen Fels hinein. Dann war es still und nur das Knistern der magischen blauen Flammen war zu hören.
Als ich mich erhob, war ich wieder einigermaßen bei Kräften. So wie es aussah, waren die Daemonen schon weiter als ich gedacht hatte. Doch wie waren sie an den steinernen Wächtern der Tahiten vorbeigekommen? Zuerst war ich davon ausgegangen, das sich die Besatzung schon vor langer Zeit in die Enklavenfeste der Tahiten zurückgezogen hatte, weil sie dem Ansturm der Dämonen aus den anderen Ebenen nicht mehr standhalten konnten. Nachdem ich die Steinwachen noch heil und unversehrt dastehen sah, hatte ich geglaubt sie würden sich schon seit Ewigkeiten in der Erde verkriechen, ohne zu merken das die Belagerung zu Ende war. Das wäre das einfachste für mich gewesen, denn dann hätte ich ihren Hauptmann einfach nach dem Plan fragen können. Tahiten waren langlebig und zäh. Sie hätten Jahrtausende unter der Erde überleben können. Doch dieses Wesen hatte mich eine besseren belehrt. Die Tahitenkrieger waren gewaltsam getötet worden, der Turm in den Händen der Daemonen und diese trieben sich hier noch irgendwo herum.
Nachdem ich meine Wunden provisorisch versorgt hatte, ging ich weiter den Gang entlang, doch diesmal hochkonzentriert. Ich wollte nicht noch einmal von einem Angreifer überrascht werden. Schließlich erreichte ich zwei kleine Türen aus Takayaholz, das noch jetzt frisch und lebendig aussah. Auf einer kleinen Schiefertafel stand „Archive“ auf einer anderen „Zu den Außentürmen“. Beide Türen waren mit dem Zeichen der Taka-Myr versehen. Ich versuchte die Tür zu den Archiven zu öffnen, denn ich sollte ja irgendeinen Plan bergen, doch sie war verschlossen. Wie sollte ich hineingelangen? Da erinnerte ich mich an die Worte des Steinwächters:
„Die Tahiten erklären sich bereit, ihre Verpflichtungen gegenüber ihrem Bündnispartner zu erfüllen, wenn dieser einen Beweis findet, der ihn eindeutig den Taka-Myr zuordnet und das Vertrauen rechtzufertigen.“ Wieder holte ich das Taka-Myr-Amulett hervor und steckte es diesmal in die hölzerne Schnitzerei an der Tür. Es passte genau, und die Tür glitt wiederstands- und geräuschlos auf. Ich roch Tinte und frisch hergestelltes Papier, als ich einen Raum betrat, der mit Regalen vollgestellt war, in denen hunderte von Büchern, Pergamenten und Papieren gefüllt waren. Von den Wänden hingen riesengroße farbige Karten, die Gebiete zeigten, von denen ich noch nie irgendetwas gewusst hatte. Wie sollte ich unter dieser Masse an Informationen das finden, was mein Meister von mir wollte? Da fiel mein Blick auf einen Tisch mit komplizierten Schnitzereien, auf dem ein großes Stück Papier ausgebreitet lag. Doch es war nicht der Plan, der meinen Herzschlag beschleunigte, sondern die Kreatur, die sich über diesen beugte.
Leere, ausdruckslose Augen starrten mich an, als sich der in eine tiefschwarze Robe gekleidete Schatten langsam umwandte. Die hageren Züge des großen Daemons erinnerten eher an einen Totenschädel als den Kopf eines Menschen, und sein Gesicht war mit unzähligen offenen, eitrigen Narben, Wunden und Geschwüren bedeckt. Als er die Kapuze zurückschob, beleuchtete der blaue Fackelschein eine Schädeödecke, die kaum noch mit Fleisch bedeckt war. Unübersehbar war eine gezacktes Zeichen darauf gemalt, das Zeichen der Elitekrieger Asteroth. Die Mundwinkel des Schattens verzogen sich zu einem spöttischem Lächeln, und er sprach:
„Ah ja, die berümten rechten Hände der Taka-Myr... du scheinst mir aber kaum mehr als ein kleiner Finger der Linken zu sein! Dein Meister hat dich wohl geschickt, um die Pläne des Tahiten Yagkrum zu holen. Sie beschreiben den Weg zu der verlorenen Stadt Anyliani, in der der Schlüssel zum Sieg liegt.“
„Wie habt ihr es geschafft, die Steinwächter zu täuschen?“ fragte ich.
„Wir haben sie gar nicht getäuscht oder vernichtet, denn dein Amulett hat eine magische Aura, die unsere Beschwörer nicht erschaffen können. Stattdessen nutzten wir einen in der Nähe gelegenen Lavastrom, um uns in die Festung durchzuschlagen. Die Tahiten warteten noch oben vor ihrem Tor auf unseren Angriff, als wir bereits in den Gewölben waren und alle übriggebliebenen niedermetzelten. Für die Steinwächter hätten wir nicht die nötige Durchschlagskraft gehabt, doch die Tahiten selbst waren unseren Skoorvögeln, Höllenhunden, Tiamathschlangen und Daemonenkriegern weit unterlegen.“
„Ihr habt die ganze Besatzung des Turms getötet. Aber wieso habt ihr den Plan nicht schon früher geholt?“
„Zuerst wähnten wir Yagkrums Vermächtnis in Tilador, doch diese Stadt fiel erst hunderte von Jahren später. Danach brauchten wir viel Zeit, um herauszufinden, wie man diese verdammte Tür aufkriegt, denn diese Wände würden die Archive selbst gegen Asteroth‘ Feuer persöhnlich schützen. Nun, und als wir es dann endlich geschafft hatten, hatten wir einen riesigen Stapel von nichtznutzigem Papier vor uns, ohne zu wissen wo Yagkrums Vermächtnis steckt.“
„Prachtvoll,“ sagte ich, „dann muss ich mir ja jetzt nicht mehr die ganze Arbeit machen. Geht mir einfach aus dem Weg, gebt mir den Plan und verschwindet dahin, wo ihr hergekommen seid.“
„Oh nein,“ entgegnete der Schatten, „DU bist derjenige, der die Arbeit umsonst gemacht hat.“
Mit diesen Worten schnappte er sich den Plan und zog mit zwei Fingern einen grellweißen Lichtstreifen durch die Luft, der ihn von oben nach unten verschluckte, bis nichts mehr von ihm übrig war.
Ich hatte versagt! Ich war zu langsam gewesen. Die Krieger Asteroth‘ waren mir zuvorgekommen und hatten sich den Plan geschnappt. Wenigstens wusste ich jetzt, worum es ging: Mein Meister suchte den Weg zu einer verlorenen Stadt namens Anyliani. Aber wie konnte man eine ganze Stadt auf der Landkarte verschwinden lassen, eine ganze Stadt unauffindbar machen und sie wie ein Staubkorn verstecken, so dass ein „Plan“ nötig war, um sie zu finden? Schließlich beschloss ich, mir nicht länger den Kopf über die Geheimniskrämerei der Taka-Myr-Meister zu ärgern, sondern so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Wenn ich den Trimatu – Rat noch rechtzeitig warnen würde, hätten wir vielleicht noch eine Chance den Daemonen aufzuhalten und Yagkrums Vermächtnis in die Hände zu bekommen. Der einizige Weg zu fliehen, war der Tunnel, den die Daemonen gebaut hatten um die Turmfestung zu erobern.
Ich entschloss mich, nicht zu den Außentürmen zu gehen sondern weiter den Gang entlang zu schleichen und nach einem Loch in der Wand zu suchen. Bald erreichte ich eine lange Treppe, die gerade nach oben führte. Ich stieg vorsichtig die Stufen hinauf und erreichte bald einen kleinen Vorsprung, auf dem eine immer noch glänzende Tahitenrüstung lag, aus der ein langer, schwarzer Speer ragte. Als ich näher trat, machte ich die erschreckende Entdeckung, das noch das Skelett eines Kriegers darin lag. Neben der Treppe sah ich weitere Stufen, die in die entgegengesetzte Richtung nach oben führten. Nach einem letzten Blick in die ausdruckslosen, leeren Augenhöhlen der Leiche und nahm dann die nächste Treppe in Angriff. Nach wenigen Stufen war ich oben und mir bot sich ein beeindruckender Anblick: Ein Fluss hatte unter der Erde eine hohe und breite Klamm gebildet, die sich quer durch die Höhlen zog. Die Tahiten hatten eine Steinbrücke über die Schlucht gebaut, und am anderen Ende ragte ein großes Runentor auf... das Tor, das die Steinwächter bewachten! Als ich auf die Steinbrücke trat, den rauschenden weißen Fluss weit unter mir und der Abgrund gefährlich nahe, sah ich eine breite, unstabil aussehende Holzbrücke, die von der Felswand, aus der ich gekommen war, an die große Steinbrücke reichte. Auch hier sah ich wieder einige Leichen von Tahitenkriegern, die von den Daemonen hinterrücks überfallen worden war. Auf der anderen Seite der Brücke begann ein grob behauhener Felstunnel, der wohl an die Oberfläche führen musste. Doch wozu sollte ich Daemonenwege gehen, wenn ich genauso gut gemühtich aus dem Tor herausspazieren konnte? Die Antwort war schnell gefunden. Mit meinen schmächtigen Menschenmuskeln bewegte ich die schweren und großen Torflügel, die aus Obisidian schienen, keinen Spalt breit, und an die schweren Riegel, die das Tor versperrten und an irgendeinen Mechanismus gebunden zu sein schienen, kam ich nicht heran. Wie öffneten die Tahiten ihre Tore? Ich hatte auf jeden Fall keine Zeit, dies herauszufinden. Ich musste meinen Meister warnen, und zwar so schnell wie möglich. Ich musste nicht lange nach einem anderen Ausweg suchen. Vorsichtig trat ich auf die Holzbrücke.Die gefallenen Krieger, die immer noch auf der Holzbrücke lagen, zeugten von einem schrecklichen Massaker. Ich hatte ein Bild vor den Augen, in dem die Tahiten mit erhobenen Schilden und gezückten Waffen vor dem Tor darauf warteten, dass die Daemonen durchbrachen, und auf einmal überrascht aufsprangen, um sich gegen die plötzlich eindringenden Horden zu wehren. Sie mussten es kurzzeitig geschafft haben, den Feind zur Brücke zurückzutreiben, und dann schließlich doch von der Übermacht überrannt worden sein. Schließlich hatte ich das andere Ende der Brücke unbeschadet erreicht und wagte mich in den Felstunnel hinein. In den Gängen war es dunkler als in den Tahitenhöhlen, denn sie waren nicht beleuchtet. Als ich jedoch einige Schritte gegangen war, sah ich ein schwaches Leuchten schimmern und spürte eine starke magische Ausstrahlung. Vorsorglich erschuff ich einige Eiszapfen und ließ sie neben mir herschweben. Das kostete mich zwar einiges meiner Konzentrationskraft, doch so war ich vorbereitet, sollte ich auf weitere Dämonenwesen treffen. Als ich jedoch um die Ecke trat, sah ich in ein paar Schritten Entfernung eine Mauer aus schwebenden kleinen Felsbruchstücken und Steinen, die den Gang versperrten. Ein grelles, weißes magisches Leuchten blendete mich nach der langen Dunkelheit. Vorsichtig trat ich näher und spürte sofort, wie etwas leicht an mir zerrte. Mit dieser Mauer war etwas nicht in Ordnung! Ich warf meine Eiszapfen hinein, sie zerbarsten sofort in tausende von Bruchstücken, die zusammen mit tausenden von Steinen in der Luft schwebten. Ich nahm einen großen, schweren Steinbrocken, der aus der Wand gebrochen war, und warf ihn der seltsamen Wand entgegen. Auch er bleib in der Luft hängen, und ein kratzendes, knarzendes Geräusch war zu höhren, bis der Fels drei oder vier Sekunden später auseinanderbrach. Ein Schaudern durchlief mich, als ich mir ausmalte, was mit meinem Körper passieren würde, sollte ich noch ein paar Schritte näher treten.
Auch die Tür zu den „Äußeren Türmen“ ließ sich problemlos mit dem Amulett öffnen. Wieder tat sich vor mir ein langer Gang aus geschickt behauenen Steinen auf, doch diesmal waren keine magischen Fackeln an den Wänden angebracht. Außerdem war das Gestein hier wesentlich heller, fast weiß. Ich versuchte, eine der blauen Fackeln aus den Halterungen im Hauptgang zu nehmen, doch als es mir gelang, erlosch diese sofort. Also wagte ich mich so in die Dunkelheit. Nach einigen Minuten des fast blinden Vorantastens, in denen nichts als das wiederhallende Geräusch meiner Stiefel zu höhren war, wurde der Gang langsam heller. Nach einigen weiteren Schritten hörte ich das Rauschen des Meeres und wie große Wellen an eine rauhe Klippe schlugen. Schließlich trat ich vorsichtig aus der unterirdischen Festung heraus und beobachtete die Umgebung. Die Tahiten hatten Holzbrücken an die Felswand einer natürlichen, riesigen Höhle gebaut, durch die Wasser floss und die durch eine weite Öffnung Blick auf das freie Meer ermöglichte. Tief unter mir mündete der Fluss, den ich schon in der Tahitenfestung gesehen hatte, in das Meer, und hoch über mir ragte ein hoher, achteckiger Turm aus weißem Gestein in den Himmel, der in die Klippe hinein gebaut zu sein schien. Die Spitze des Turms konnte ich nicht sehen, denn es war inzwischen Abend geworden und aus dem Nieselregen hatte sich eine dichte, undruchdringliche Nebelwand gebildet. Als ich auf den Holzbrücken auf den Turm zuschritt, wurde mir klar weshalb die Daemonen die Festung nicht auf dem Wasserweg erobert hatten: Keines der Riesenhaften Kriegsschiffe der Daemonen hätte sich durch den Höhleneingang zwängen können, und kein kleines Landungsboot hätte die Brücken erreichen können, ohne von einer magisch erschaffenen Strömung erfasst und gegen die Klippen geschleudert zu werden. Und in kleinen Nischen in der Felswand hatten die Tahiten Ballisten und Katapulte gelagert, die sie ohne Verzögerung hätten einsetzen können. Und dann war da noch der Turm, von dem Magier, geschützt hinter dem seltsamen weißen Gestein, ihre Feinde mit Feuerpfeilen attackieren konnten.
Doch die Daemonen hatten den Tahitenturm erobert, und als ich darauf zulief, ruhte meine Hand bereits gespannt auf dem Griff meines Schwerts. Schließlich ließ ich die knarzende Hängebrücke hinter mir und trat durch ein breites, offenes Tor in den Turm. Drinnen spürte ich als allererstes die Aura eines Wesens, das gerade magische Kräfte benutzte. Eine breite Wendeltreppe führte in den nächsten Raum, an der gegenüberliegenden Wand waren Halterungen angebracht, in denen Silberspeere ruhten. Daneben gewährte ein enges, hohes Fenster Blick auf das offene Meer, so weit es der Nebel zuließ. Ich folgte den pulsierenden Ausstrahlungen des Wesens und ging die Treppe hinauf. Im nächsten Turmzimmer fand ich die Rüstungen und Skelette zweier Tahitenkrieger sowie die in ein tiefrotes, mit züngelnden Flammen verziertes Gewand gehüllten Überreste eines Magiers. Das Mobiliar bestand aus einem Tisch, zwei Stühlen, einer Kommode und zwei Regalen, die noch immer aus Büchern gefüllt waren. Alles war aus Takayaholz. Ich öffnete eine kleine Tür und trat auf einen Steinbalkon, der aus dem Turm ragte. Über mir ragte eine große Steinbrücke, die der im Inneren der Festung ähnelte, zu einem anderen, kleineren Turm mit einem flachen Dach hinüber. Ich musste krampfhaft weiteratmen, um nicht zu ersticken, als ich eine schwarze Gestalt sah, die auf dem anderen Turm stand und ein Feuer entzündete, das fauchend in die Luft züngelte. Bevor sie mich entdecken oder erspüren konnte, rannte ich wieder in das Zimmer zurück und die Treppe hinauf. Der nächste Raum war breiter, und an den Wänden waren Schießscharten angebracht. Anstatt weiter die Treppen hinaufzueilen, öffnete ich ein breites, mit zwei Feuerrunen belegtes Schiefertor, das die Brücke freigab, die zum nächsten Turm führte. Wie konnte ich hinübergelangen, ohne die Gestalt auf dem Dach auf mich aufmerksam zu machen? Schließlich beschloss ich, einfach hinüberzulaufen. Sollte es ein Daemonengesandter sein, würde ich sowieso nicht um eine kämpferische Konfrontation herumkommen. Offensichtlich hatten die Tahiten einen Sinn für Brücken, die über endlos tiefe Abgründe führten, denn diese hier war mir noch unheimlicher als die in der unterirdischen Festung. Als ich näher schritt, konnte ich weitere, grauenhafte Einzelheiten erkennen. Die Gestalt hatte an einem hölzernen Gestell kopfüber fünf Skelette aufgehängt, die leise im Wind klapperten. Vor diesem Gestell stand ein hoher Altar aus schwarzem Obisidian, auf dem eine große Schale stand. In dieser Schale loderte das Feuer, das ich schon von weitem gesehen hatte. Das Wesen kniete vor dem Altar und wiederhohlte immer wieder die gleichen, unverständlichen Zauberworte.
„Ah, du musst derjenige sein, wegen dem ich den Tormechanismus zerstören und diesen magischen Schild aufrecht erhalten musste,“ sprach die Gestalt mit einer tonlosen Stimme, als sie sich von seinem Gebet erhoben und sich zu mir umgedreht hatte.
Aha, dachte ich, ich bin wohl doch ein bisschen mehr als ein kleiner Finger der linken Hand!
Es war kein Daemon, aber auf jeden Fall ein Wesen, das aus einer anderen Ebene stammte. Es war in die gleiche schwarze Kutte gehüllt wie der Elitekrieger Asteroth‘, doch sonst bestand keine Ähnlichkeit zu diesem. Das Gesicht war eine regungslose Maske aus Obisidian, die Augenhöhlen leer und gleichgültig.
"Jetzt bist du hier. Jetzt werde ich dich töten und an die Krähen verfüttern. Jetzt kann ich endlich diese Ruinen verlassen."
"Wer oder was bist du? Ein Hexer in Asteroth' Diensten?" fragte ich mit einigermaßen beherrschter Stimme.
"Deine sinnlosen Fragen interessieren mich nicht. Was soll ein Toter mit einem solchen Wissen anfangen? Du bist nicht mehr als ein unwichtiger Wurm, der keinen Einfluss auf das Schicksal haben kann."
"Dann wird es dir auch nicht schaden, wenn du mir alles erzählst. Ein oder zwei Minuten mehr oder weniger sollten doch genauso unwichtig sein wie ich."
"Da siehst du etwas falsch, Menchling. Kein Rohstoff ist begehrter und unerschöpflicher als die Zeit. Doch wenn du glaubst, es würde dir irgendetwas nützen: Ich komme aus einer Ebene, die die Trimatu Llianavia nennen. Azgrahb, der Kommandeur der dreizehnten Kohorte, hat ein gewinnbringendes Geschäft mit uns abgeschlossen: Wir helfen ihm, Anyliani zu finden und erhalten dafür uneingeschränkte Handelsfreiheit in allen eroberten Ebenen."
Noch während er das sagte, ging die steinerne Hand des Llianavianers in Flammen auf und zischte blitzschnell durch die Luft. In der gleichen Bewegung spannte er den entstandenen Feuerbogen und erschuf einen magischen Pfeil, den er gegen mich sandte. Ich spang zur Seite, doch er streifte mich trotzdem an meiner linken Schulter und verursachte dort eine schmerzhafte Brandwunde.
"Jetzt stirb, wertloses Gewürm!" hörte ich die gleichgültige Stimme des Llianavianers sagen.
Wird möglicherweise fortgesetzt! Kritik ist erwünscht, aber möglichst mit logischem und nachvollziehbarem Standpunkt!
__________________ Readier than a red-cheeked maiden, my friend.
Dieser Beitrag wurde von Mirrorwind am 13.03.2005, 18:59 Uhr editiert.
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