Heph war schweißgetränkt. Sein Atem ging schnell und stoßweise. Er zitterte, als er das Streichholz entzündete. Mit einem diabolisch verzerrtem Gesicht starrte er auf die kleine, unscheinbare Flamme.
Er bewunderte immer wieder, wie so etwas kleines und unscheinbares zu einem gigantischen Monstrum werden konnte, das, einem Rauptier gleich, mit tödlicher Präzision seine Opfer fand.
Heph blickte noch ein letztes mal auf das idyllische Szenario um ihn, bevor er das Streichholz fallen lies.
Der Benzinteppich, vor dem er gekniet hatte, entzündete sich und das Feuer bahnte sich mit unheimlicher Gewissheit seinen Weg.
Als das Haus explodierte war er schon einige hundert Meter entfernt.
»Hephaistos, Herr des Feuers«, dachte er schmunzelnt wärend er unberührt weiterging. »Aus dem Olymp geworfen und mit Füßen getreten. Aber dennoch einer der mächtigsten Götter.«
Heph drehte sich nicht um. Das war garnicht notwedig. Unsere wunderbare Gesellschaft hatte etwas viel besseres zu bieten. Er würde sich das Ganze im Fernsehen ansehen, wie tausende andere auch. Er würde sich die Interviews mit gestressten Polizeibeamten und Sachverständigen ansehen. Und er würde über all dies lachen. Er würde auch über die Psychologen in den Sondersendungen lachen, die Heph die wahnwitzigsten und möglichst kompliziert klingenden Krankheiten andichteten. Für ihn war das alles nicht mehr als ein ausgefallenes Hobby. Ja, er tötete Menschen. Ja, er besiegelte Schicksale. Aber das war ihm egal.
Was sollten sie schon noch groß erleben in dieser Welt? Sie können froh sein, dass ich sie erlöse, dachte Heph.
Genauso wie man geistig behinderte Menschen entmündigte, so nahm er ihnen die Entscheidung über ihr Leben.
Durchaus gerechtfertigt, wie er dachte.
Die Gesellschaft sorgte schon von Anfang an dafür, dass sie so dumm waren, die Wahrheit nicht zu sehen.
Asche zu Asche. Staub zu Staub.
Patrik schreckte auf. Sein Körper brannte wie Feuer und sein Herz schien jeden Moment aus seiner Brust zu springen. Minuten vergingen, ehe er seinen Atem unter Kontrolle gebracht hatte. Wasser. Hastig griff er nach der Flasche neben seinem Bett und leerte sie mit einem Zug. Es war nicht das erste mal, dass er einen Traum wie diesen hatte. Einen, an den er sich unmöglich erinnern konnte.
5:30 zeigte die Digitalanzeige seiner Uhr, als er aus der Dusche kam und erschöpft in seinen Sessel fiel.
»0530«, notierte Heph, der im Gebüsch wartete »Zielperson nach erneutem Alptraum im Wohnzimmer«.
Heph kannte seine Opfer. Er kannte ihren Namen, ihren Beruf, all ihre Angewohnheiten. Er wusste wie ihre Tiere hießen und was sie am liebsten aßen. Das war ihm wichtig. Nicht jeder hatte es verdient erlöst zu werden. Patrik schon, ganz besonders er. Er war anders als all die anderen. Irgentwie war er Heph sympatisch, ja, er fühlte sich sogar ein wenig mit ihm verbunden. Er lächelte. Es wird sicher schön werden, dachte er. Ich werde mir große Mühe geben.
Es war garnicht so einfach, ein Feuer richtig zu legen. Man musste viel beachten, um die gewünschten Effekte zu erzielen. Schließlich kam es auf die kleinen Details an. Wann die Fenster zerspringen, z.B. oder das platzen der Heizungsrohre.. Ja, wahrlich, er verstand sein Handwerk. Besser wohl als viele andere, viel besser.
»Bitte Geheimzahl eintippen und bestätigen«, sagte Patrik monoton. Er hasste seinen Job. Er hasste es in dieser kleinen, dreckigen Tankstelle zu sitzen und immer wieder die selben Sätze runterzuleiern. Er hasste es den ganzen Tag Menschen zu bedienen, die zu dumm waren, eine PIN einzutippen. Ja, er hasste sein Leben.
»Quittung?«
»1800, Dienstschluss.«
Freudig rieb Heph sich die Hände. »Bald ist es soweit«, murmelte er, als er seine schwarze Kapuze tiefer ins Gesicht zog, sodass niemand sein breites grinsen sehen konnte. »und diesmal«, dachte er, »diesmal wird es wahrhaft grandios werden.«
»..Brandstiftung wird nicht ausgeschlossen..«
»..ein weiteres Werk des Feuerteuf..«
»..und jetzt gebe ich eine ganze Flasche Iod hinzu..«
»..zeigt klare Anzeichen einer schweren..«
Entnervt schaltete Patrik den Fernseher aus, bevor er sich ein neues Bier holte, um einmal mehr zu dem Ergebniss zu gelangen, das es doch viel besser wäre tot zu sein.
Bereits Stunden vorher hatte Heph vor Aufregung kaum still sitzen können. Dieses mal würde ganz anders werden, wusste er. Dieses mal würde er sich zeigen.
Das Benzin gluckerte in den großen Kanistern, als er sie ein Stück die Treppe hochschleppte, um sie dort zu entleeren.
Er musste vorsichtig sein, durfte nicht zuviel verwenden um sein Opfer nicht frühzeitig zu wecken. Aber dennoch genug das es für ihn keine Chance geben würde zu entfliehen. Er selbst hatte sich natürlich einen Fluchtplan zurecht gelegt..
Patrik wälzte sich unruhig in seinem Bett, man konnte den schnellen Schlag seines Herzens durch das nasse T-Shirt hindurch beobachten.
Lächelnd sah ihn Heph eine Weile an, bevor er den Raum verließ.
Patrik schreckte hoch.
Mittlerweile hatte er sich schon fast an die Träume gewöhnt, aber diesmal war irgentetwas anders.
Als er nach der Flasche greifen wollte sah er es.
Ihm wurde schwindelig, als er den Inhalt des dicken Notizbuches überflog.
Was darin stand war nicht weniger als eine komplette Auflistung seines Lebens in den letzten 2 Monaten.
»Hephaistos..« Patrik zuckte erschrocken zusammen. Das musste er sich eingebildet haben.
Ein greller Blitz ließ ihn zusammenzucken. Fetzen von Erinnerungen zogen vor seinem geistigen Auge vorbei.
»Hephaistos..« Er sah wieder auf. Mit langsamen Schritten bewegte er sich auf die Tür zu, wo durch einen schmalen Spalt ein unwirklicher Schimmer fiel.
Sein Herz raste, als er langsam die Hand nach dem Türgriff ausstreckte.
Die schemenhafte Gestalt wurde nur schwach von dem Streichholz in ihrer Hand beleuchtet.
Sie zerbrach in tausend Teile, als Patrik zuschlug.
»Hephaistos..« er hielt sich die Ohren zu, aber die Stimme war noch immer da.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht fiel er auf die Knie, sein Gesicht spiegelte sich in den Scherben des Spiegels.
Unwirklich langsam fiel das Streichholz, das er eben noch in Händen hielt.
Jetzt wusste er was er geträumt hatte.
Er, Hephaistos, Herr des Feuers.
Seid nicht zu hart zu mir, hab schon lange nimmer geschrieben
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"Die Flamme unsrer Väter wird nie erlöschen
sie lodert in uns auf Ewigkeiten
die Zeit steht kurz still, wir erinnern uns
mit stolzem Gefühl."
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