Mit von sich gestreckten Armen stand der kleine Zauberer im Gang und konzentrierte seinen erst auf die Steinplatten vor ihm gesenkten Blick nun auf seinen Gegner. Jede Faser seiner angespannten Muskeln brannte, während er seine letzte Kraft in seinem Inneren ansammelte, gleich einem See, der bald seinen begrenzenden Staudamm brechen könnte. Selbst der wutentbrannte Glanz in seinen Augen konnte kaum widerspiegeln, was für eine gierige Erwartung seine toten Freunde zu rächen er in diesem Moment empfand. Blut rann aus seiner schmerzenden Lippe, dennoch zeichnete sich für einen Augenblick ein Lächeln, oder mehr ein triumphierendes Grinsen, seinen Gegner endlich gestellt zu haben, in seinem Gesicht ab. „Schau mich an du hässlicher, stinkender Bastard von einem fetten Troll!“, Schrie er, „Ich bin vielleicht nicht halb so groß und nicht ein viertel so stark wie du, doch ich besitze eine Macht die du nie auch nur im entferntesten erreichen wirst und die so mächtig ist, dass sie gleich deine jämmerliche Keule aussehen lassen wird wie einen Zahnstocher!“ Trotz der Dunkelheit die in dem Säulenbegrenzten Gang herrschte, zeichnete sich deutlich etwa einen Steinwurf entfernt vor ihm die Silhouette eines dreieinhalb Meter großen, hünenhaften Trolls ab, der sich, durch das Gebrüll hinter ihm, dazu bequemen wollte sich von seiner Mahlzeit zu erheben und dem Störenfried eine Lektion in Manieren zu erteilen. Ohne sich von seinem Mahl trennen zu wollen hievte er seinen beleibten Körper hoch. Den Kadaver in der linken, eine Keule, die sehr einem jungen Baum ähnelte in der rechten Pranke stieß er sich beinahe den Kopf an der Decke des Ganges. Dem kleinen Zauberer wurde beinahe übel als er sah was der Troll gerade verspeisen wollte. Es war der zerfetzte Körper seiner langjährigen Gefährtin und guten Freundin der Bogenschützin. Ein Bein hatte der Troll, wohl zum Verzehr brutal ausgerissen und Blut troff aus der offenen Wunde. Der gesamte Körper sah merkwürdig entstellt aus, als sei der Troll in ihrem Todeskampf auf sie getreten um ihr das letzte Lebenslicht zu nehmen. Trotz dieser grausigen Vorstellung zwang sich der kleine Zauberer seinen Blick auf das Gesicht des Trolls zu konzentrieren. Dieser musterte ihn gerade mit einem etwas wässerigem Blick, welcher jedoch durch das Feuer, das hinter seinen Augäpfeln zu lodern schien vermuten ließ, dass er schwer angefressen über die Unterbrechung seines Gelages war. „Und jetzt greif-mich-an du Monster!“, brüllte der kleine Zauberer dem grau-grünen Scheusal entgegen. Dass schien der Troll sehr gut zu verstehen. Er ließ das leblose Stück Fleisch was früher einmal die Bogenschützin gewesen war zu Boden fallen und umfasste die Keule mit einem solch eisernen Griff, dass das Holz beinahe splitterte. Er brüllte zurück, wobei er zwei Reihen gleichsam blutiger wie fauliger Zähne entblößte, scharf genug um Fleisch zu zerschneiden, kräftig genug um Knochen zu zermahlen. Beinahe war es dem kleinen Zauberer, als könne er den nach Tod und Verwesung riechenden Atem des Trolls auf der Zunge schmecken, dennoch sammelte er jetzt seine letzten Kräfte für den finalen Angriff. Er schloss die Augen und sah vor seinem inneren Auge wie der Troll sich, erst behäbig, dann immer schneller werdend in Bewegung setzte. Die Vibration der Schritte ließ kleine Steine von der Decke rieseln und ihr ungeheurer Lärm hallte wie Trommeln des Todes noch weit in das verzweigte Gangsystem. Mit erwartungsvoller Gelassenheit formte der kleine Zauberer vor sich ein Dreieck, indem er beide Daumen und Zeigefinger zusammenführte. Durch dieses Dreieck zielte er auf die Brust des Trolls. Dann schlug er die Augen auf. Ein greller Lichtblitz erhellte die Wände des Raums und ein Kürbisgroßer Feuerball entfuhr den Händen des Zauberers. Bevor der Troll reagieren konnte prallte das kugelförmige Inferno auf seine linke Brust. Der Troll taumelte nach hinten und schlenkerte mit den Armen, die fast den Boden schleiften. ES roch nach versengtem Fleisch. Dann fing er sich, betrachtete verdutzt die noch rauchende Wunde, und brüllte ein weiteres Mal. Der Schwung Keule traf den kleinen Zauberer in die rechte Seite. Alle Knochen des Arms und einige Rippen wurden mit einem Schlag zerschmettert. Die Wucht des Schlags warf ihn gegen die linke Wand des Ganges, wo er leblos zu Boden glitt. „Wo ist jetzt der Tunnel mit dem grellen Licht am Ende? Warum zieht mein Leben nicht an mir vorbei?“, dachte er sich noch. „Schade eigentlich.“ Dann traf ihn die Keule des Trolls ein weiteres Mal und zerquetschte ihn wie die Hand den Chitinpanzer einer Fliege an der Wand zerdrückt. Er war sofort tot.
__________________ Niemand urteilt schärfer als der Ungebildete.
Er kennt weder Gründe noch Gegengründe
und glaubt sich immer im Recht.
(Ludwig Feuerbach)
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