Den Rest des Tages sah er fern, bis er ein Lämpchen an seinem Laptop blinken sah. Als er hin ging, sah er, das der Computer sich selbständig ins I-Net eingewählt hatte und sich - wie immer - auf theprogramm.org befand. Also führte er sein tägliches Prozedere aus und erhielt sogleich Angaben über sein Zielobjekt, 'Ramon de Costa'. Bannila erstarrte. Ramon war sein Freund, wie konnten sie von ihm verlangen ihn umzubringen? Naja, um ehrlich zu sein war Ramon gar kein Freund, eher ein guter Bekannter aber trotzdem. Er hatte noch nie jemanden getötet, den er kannte, schon gar nicht jemanden, der in so direkter Nähe wohnte. Allerdings hatte er bis heute noch nie einen Geistlichen getötet und bis vor einem Tag noch nie eine Frau... Es gibt immer ein erste mal, sagte er sich. Und dieses erste mal wird noch heute geschehen. Genaugenommen zwei erstemale auf einmal, denn er hatte auch noch nie zwei Menschen an einem Tag getötet. Wollten sie ihn vieleicht testen, sehen wie stark man ihn auslasten konnte? Ihm war nicht wohl bei diesem Gedanken, aber was sollte er tun? Als Profikiller verdiente man gut, sehr gut sogar. Dabei arbeitete man gar nicht so viel, auf die Woche hochgerechnet vieleicht zwei Stunden pro Tag - meistens zumindest. Einmal sollte er einen Prominenten töten und musste in einem Abwasserkanal übernachten, damit er am nästen Tag eine Bombe unter das Auto heften und ungemerkt wieder verschwinden konnte. Wie sehr Ramon gelacht hatte, als er vor seiner Nase aus einem Gulli gekrochen kam und anschließend sagte, das alle Straßen zu gewesen seien und er daher keine andere Wahl hatte, als durch die Kanalisation zu kriechen. Ramon dachte er... Nein, nicht Ramon, Zielobjekt. Wenn er wieder anfing sich über das Leben seiner Ziele Gedanken zu machen, würde er nur wieder schlecht schlafen können, wie damals, als er noch neu im Geschäft war. Also dann! Sagte er sich und holte seinen Koffer unter dem Bett hervor. Nachdem er die Gardinen zugezogen hatte, öffnete er ihn. Er wählte eine Standart-Waffe: die schalgedämpfte Beretta 92. Er überprüfte den Schlitten und das Magazin, dann steckte er sie hinter seinen Gürtel. Also dann... wiederholte er.
Um 15:30 ging Ian nach unten. Er wusste, das Ramon Mittagspause hatte, also ging er hinter die Theke, wo die Räume des Personals lagen und klopfte an Ramons Tür. Als dieser öffnete, sah er überrascht aus "Mr. Bannila, was machen sie denn hier?"
"Ich muss mit ihnen sprechen, Ramon." sagte Ian mit ernstem Tonfall. "Natürlich, Sir" erwiederte ein überaschter Ramon. "Treten sie ein." Ian tat wie geheißen und war überrascht, denn auf Ramons Bett saß eine offensichtlich schwangere Frau. Also noch ein erstes Mal an diesem Tag, dachte er sich. "Oh, das ist Maria, meine Frau. Sie ist seit 5 Monaten schwanger." Ramon setzte sich neben seine Frau und lächelte Stolz. "Oh, sie werden Vater? Herzlichen Glückwunsch!"
"Danke Sir, aber was wollten sie mit mir besprechen?"
"Ich wollte nur sagen, das es mir leid tut..."
"Das was ihnen Leid tut, Mr. Bannila?"
"Das!" Mit diesem Wort zog er seine Waffe und richtete sie auf Ramon. "Tut mir Leid..." wisperte er... "Tut mir Leid...". Er zögerte. Er hatte noch nie gezögert, aber jetzt zögerte er. Es war nicht gut zu zögern, das wusste er. Es bedeutete, das man einer Sache nicht sicher war und das wiederum war garnicht gut. Es war meist das Ende eines jeden Profikillers, weil man dann entweder erschossen wurde oder weil das Opfer um Hilfe rief, wie auch in diesem Fall. Maria schrie. Es war ein lauter gellender Schrei, und Bannila konnte sich sicher sein, das jeder im Haus ihn gehört hatte. Deshalb machte er den zweiten großen Fehler. Er bekam Panik. Panik zu bekommen war noch schlimmer als zu zögern, besonders wenn es passiert, nachdem man gezögert hat. Wer Panik bekommt hat sich nicht mehr unter Kontrolle und es konnte z.B. passieren, das man auf Einmal mir gezogener Waffe durch die Stadt lief.
Ian lief mit gezogener Waffe durch die Stadt. Er wusste nicht wohin und so langsam dämmerte es ihm, das er jetzt ziemlich tief in der Tinte steckte. Wenn man jemals tief in der Tinte steckte, sollte man auf keinen Fall einen öffentlichen Ort aufsuchen.
Bannila lief geradewegs in den Central Park.
Es wusste, dass das wahrscheinlich keine gute Idee war, aber nun war es zu spät um es zu bereuen. Er blieb er stehen. Was jetzt? Bestimmt hatte bereits jemand die Polizei verständigt, so dass seine Lage aussichtslos war. Er könnte sich natürlich in den Slums verstecken, aber Herrgott, er stand mitten im Central Park, es waren Meilen bis zu den Slums. Ruhig Ian, ganz ruhig. Tief durchatmen, so ist gut. Erstmal die Waffe wegstecken, okay und jetzt nachdenken. Also du hasst Panik bekommen und bist mit einer gezogenen Schallgedämpften Pistole durch halb Manhattan gelaufen. Sowas! Dabei hasst du noch nie Panik bekommen... Okay, ich stehe also mitten im Central Park und die halbe Stadt ist hinter mit her... Noch hat dich allerdings kein Bulle gesehen, also hasst du einen Vorsprung. Du musst untertauchen. Er sah sich um. Dann sah er den Gulli.
Ian lief durch die Kanalisation von Manhatten. Laufen war Übertrieben, denn es war stockfinster und so tastete er sich langsam voran. Ab und zu sah er ein - oder auch mehrere - Paare Augen, dessen Besitzer dann meistens einmal laut aufquikten und dann weiter ihren mysteriösen Beschäftigungen nachgingen. Ab und zu, wenn er unter einem Gullideckel lang kam, hörte er den Alltagslärm auf den Straßen. Er war sich sicher, das er beobachtet worden war, als er in die Kanalisation geklettert war, die Polizei würde also schon bald nach ihm suchen. Wahrscheinlich tat sie das schon längst und früher oder später würden sie ihn finden, zumal sie besser ausgerüstet waren. Sie hatten Taschenlampen und Karten. Aber er hatte das Überaschungsmoment. Wenn er sich geschickt anstellte, könnte er eine Gruppe Polizisten erledigen und ihre Kleidung sowie sonstige Ausrüstung an sich nehmen. 'Klack' Er blieb stehen. Was war das? 'Klack' 'Klack' 'Klack' Es hörte sich an, als wenn zwei harte Gegenstände aufeinander stoßen. Plötzlich wurde es ihm bewusst: Schritte! Er fand eine Nische und presste sich hinein. Die Schritte kamen immer näher und er sah einen Lichtschein, der die gegenüberliegende Wand endlanghuschte. Die Schritte waren jetzt ganz nah, höchstens zwei Meter entfernt. Dann ein Knacken, gefolgt von Rauschen. "Hier ist 3/7 Charlie, bin hier in Abschnitt... ähh... D4, gang 120 unter der ähhh.... eight Avenue, keine Spur von der flüchtigen Person. over." "Hier Zentrale. Verstanden 3/7 Charlie. Suchen sie noch D3 ab, over." "*Seufz* Verstanden Zentrale. D3. Over and Out."
"Oh man, was ist das bloß für ein Drecksloch hier unten..." Ian beobachtete aufmerksam den Strahl der Taschenlampe. Dann sprang er im richtigen Moment aus seinem Versteck und schlug dem Polizisten mit dem Griff seiner Pistole auf dem Kopf. Bannila fing ihn auf, bevor er auf dem Boden auftraf, eine dreckige Uniform würde nur Aufsehen eregen...
Er zog die frische Luft tief ein und versuchte den Kopf klar zu kriegen. Die Polizei hatte die Suche wahrscheinlich eingestellt, aber sobald man den bewustlosen Polizisten fand, würde man sie wahrscheinlich wieder aufnehmen. Bannila musste allso schnell hier weg. Als er sich umsah, erkannte er wo er sich befand. Er stand auf dem Platz vor derselben Kirche, in der er am morgen den Pater umgebracht hatte.
Er ging hinein.
Drinnen sah alles aus wie am morgen, als er die Kirche verließ. Mit ausnahme der gelben Bänder mit der Aufschrifft 'Do not Cross', die in einiger Entfernung um den Beichtstuhl aufgestellt waren.
Ian setzte sich auf eine der Bänke und dachte über den heutigen Tag nach. Er hatte einen geistlichen und um ein Haar auch einen Freund und eine schwangere Frau getötet, dann hatte er gezögert und Panik bekommen, war mit gezückter Pistole zum Central Park gelaufen, wo er in die Kanalisation einestiegen war, hatte einen Polizisten niedergeschlagen und saß jetzt mit dessen Kleidung wieder in der Kirche, in der am Morgen einen Auftrag ausgeführt hatte. Er musste schmunzeln. Es dauerte nicht lange, da musste er aus vollem Halse lachen. Bis er auf einmal eine Hand auf dem Rücken spürte. "Was soll diese Respektlosigkeit im Hause des Herrn?" es war ein Priester.
Bannilas lachen erstarb. Mit einem mal sah er die erschreckten Gesichter all derer vor sich, die er eliminiert hatte. Was hatte das für einen Sinn? Dachte er. Soviele Menschen, soviele Schicksale... "Vergib mir Vater, denn ich habe gesündigt." Mit diesen Worten hielt sich Ian die Pistole des Polizisten an den Kopf und drückte ab.
Es gibt viele Erste Male und alle sind einzigartig. Aber keines ist endgültiger als der Tod.
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"Die Flamme unsrer Väter wird nie erlöschen
sie lodert in uns auf Ewigkeiten
die Zeit steht kurz still, wir erinnern uns
mit stolzem Gefühl."
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