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kkb
KiNg-KooL




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gott kriegt die krieseAntwort mit Zitat Beitrag editieren/löschen Nach weiteren Beiträge von  suchen Diesen Beitrag einem Moderator melden        IP Adresse Zum Anfang der Seite springen

langes dossier zum thema "kampf der kulturen". angesichts des unsinns der im moment von papst, ayatolla, islamkonferenz, westlichen regierungen und islamischen organisationen verzapft wird zum einen schöne abwechslung, zum andere höhst intressanter beitrag der einer vernüftigen einstellung zumindest recht nahe kommt und (vom letzten abschnitt abgesehen) auch für nicht-linke durchaus intressant sein dürfte.

edit:
sollte es einem eigentlich zu denken geben wenn man nicht mal in der lage ist mit copy&paste umzugehen?

edit zwei:
gerade nochmal mit verstand gelesen und in weiten teilen für zu unkonsumierbar befunden daher der relevante teil dierekt hier:

Zitat:

Ein intrakultureller Konflikt

Der islamische Fundamentalismus hat seinen offiziellen Gegner in der »westlichen Zivilisation«, inkarniert in erster Linie im »großen und kleinen Satan«, also in den USA und Israel. Dieses Selbstverständnis darf indes über etwas ganz Wesentliches nicht hinwegtäuschen. Trotz der spektakulären Aktionen gegen »Zionisten und Kreuzfahrer« von Organisationen wie der Hizbollah oder al-Qaida, sein eigentliches Schlachtfeld und seinen eigentlichen Adressaten findet der islamische Fundamentalismus in den islamischen Gesellschaften und migrantischen Communities.

Mary Kaldor hat in ihrer Analyse der »neuen Kriege« herausgearbeitet, dass die Ethnokrieger der neunziger Jahre nicht primär gegeneinander in die Schlacht ziehen, sondern in erster Linie gegen die unwillige Zivilbevölkerung auf der »eigenen Seite«. Dieser Befund trifft auch für den »Kampf der Kulturen« zu. Die lautstarke Kriegserklärung nach »außen« kündet vor allem von einem gar nicht so stillen Feldzug nach »innen«. Der »Kampf der Kulturen« schafft den Rahmen, in dem der islamische Fundamentalismus mit der Erfindung des »reinen Islam« sowohl in der muslimischen Diaspora wie in den islamischen Ländern einen rigiden Anpassungs- und Gleichschaltungszwang legitimieren und entfalten kann. Die Repressionswelle, die derzeit über den Iran hinwegschwappt, spricht in dieser Hinsicht Bände. Erst die Konfrontation mit den USA macht es möglich, die vor wenigen Jahren noch mächtige zivile Opposition als vermeintliche »fünfte Kolonne« zu kriminalisieren und zu marginalisieren.

Aber das ist nur die staatliche Variante eines Mechanismus, der gerade auch poststaatlich funktioniert. Der »Westen« muss Muslime nur als dumpfe fanatische Masse imaginieren und behandeln, um antiokzidentale Identitätspolitiker zu stärken. Indem die hiesige Gesellschaft ausgrenzt, indem die westliche »Sicherheitspolitik« die Geiseln für die Geiselnehmer abstraft, schafft sie genau das, wovor sie sich fürchtet. Das ist die Sorte von ideologischen, polizeilichen und militärischen Schlägen, unter denen das angeblich Bekämpfte hervorragend gedeiht.

Aber auch in anderer Hinsicht funktioniert das westliche Menschenrechtskriegertum als präventive Konterrevolution. Sein Ausgrenzungsprogramm wirkt nicht nur gegenüber dem islamischen Fundamentalismus als Förderprogramm, darüber hinaus schafft der »Kampf der Kulturen« das ideale Klima, um innerhalb der westlichen Gesellschaften auf Repression und verstärkten Anpassungsdruck umzuschalten und einen fatalen Burgfrieden zu stiften. Mit dem Patriot Act und den einschlägigen Sicherheitsgesetzen in Europa haben sich die Regierungen überdies Waffen geschmiedet, die zwar in der Konfrontation mit dem neuen äußeren Feind wenig ausrichten, aber als Instrument zur Unterdrückung emanzipativer Regungen vielleicht noch einmal ihre Nützlichkeit beweisen können.

Unter der Hülle des interkulturellen Kampfes verbirgt sich in Wahrheit ein intrakultureller Konflikt. Das gilt nicht allein in dem Sinn, dass sich im clash of civilizations eine Art heimliche »Große Koalition« zwischen den antiemanzipatorischen Kräften auf beiden Seiten des behaupteten »kulturellen« Grabens herstellt; der islamische Fundamentalismus ist selber Fleisch vom Fleisch jener westlichen Zivilisation, gegen die er zu Felde zieht. Die Vorstellung, beim Zusammenprall der »Kulturen« handle es sich um das Gegeneinander von Moderne und Vormoderne, ist pure Ideologie und als solche genauso weit verbreitet wie in der Sache absurd.

Der islamische Fundamentalismus mag sich noch so energisch als absoluter Bruch mit dem modernen westlichen Denken gerieren, realiter handelt es sich bei ihm um eine hypermoderne Bewegung. Das betrifft keineswegs bloß die Nutzung der Mittel der modernen Technik, insbesondere den oft virtuosen Umgang mit den medialen Möglichkeiten des »Informationszeitalters«, sondern auch ihren Inhalt und ihre Ziele. Wer die Ideologie des islamischen Fundamentalismus und dessen Identitätsproduktion mit dem traditionellen Islam verwechselt, könnte genauso gut vom Germanenkult von Himmler und Co. darauf schließen, dass die Nazis wie die alten Germanen gedacht und gefühlt hätten.

Schon die Idee eines in sich homogenen, »reinen Islam« hat ihre Wurzeln nicht in irgendeiner verflossenen historischen Realität; es handelt sich dabei vielmehr um eine genuin westliche Vorstellung. Und auch die gern zur Schau gestellte Todesverliebtheit entstammt keineswegs der spezifisch islamischen Tradition, sondern bezieht sich auf die Geschichte der Moderne und hat dort ihre Vorbilder.

Sie fügt sich – Farhad Khosrokhavar hat das schon vor zehn Jahren entwickelt – in eine gemeingefährliche Neubegründung moderner Subjektivität vor dem Hintergrund einer gescheiterten, nationalstaatlich eingehegten Modernisierung ein: »Wenn das Projekt der Konstitution von Individuen, die vollständig an der Modernität teilhaben, in der wirklichen Erfahrung des Alltagslebens seine Absurdität enthüllt, wird die Gewalt für das neue Subjekt zur einzigen Form der Selbstbestätigung. Die Neo-Gemeinschaft wird dann zur Nekro-Gemeinschaft. Die Ausschließung von der Moderne nimmt religiöse Bedeutung an: So wird die Selbstaufopferung zu einem Weg, auf dem man gegen die Exklusion ankämpfen kann.«

Angesichts dieser Konstellation erübrigt sich die Diskussion, ob der Westen in seiner neuen Wehrhaftigkeit oder der islamische Fundamentalismus als das eigentliche Übel zu gelten haben. Sie ist müßig und fatal. Der westliche Menschenrechtskulturalismus und die religiös eingekleideten Nekro-Gemeinschaften sind nicht dasselbe, aber sie sind zwei Seiten des Selben, einer brandgefährlichen postmodernen Identitätspolitik im Zeichen der Krise der Weltmarktgesellschaft. Sie lassen sich nur zusammen begreifen und bekämpfen oder gar nicht.

Gesellschaftskritische Theorie, die sich antiidentitätspolitisch orientiert, muss keineswegs die Differenzen zwischen dem islamischen Antiokzidentalismus und dem westlichen Menschenrechtskriegertum klein reden, ganz im Gegenteil. Erst eine radikale Kritik des gemeinsamen Bezugsfeldes, in dem die Kontrahenten denken und agieren, aber macht auch klar, was die verfeindeten Brüder trennt und unterscheidet.


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the only way to get truth out of that post, is to read in upsite down in front of a mirror, while listening to the white album backwards.

28.09.2006, 20:17 Profil von Füge  deiner Freunde-Liste hinzu Email an kkb senden Füge kkb in deine Contact-Liste ein
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